Pflegekassen können regionale Netzwerke für pflegebedürftige Menschen fördern

Das Zweite Pflegestärkungsgesetz stärkt die regionale Zusammenarbeit in der Versorgung pflegebedürftiger Menschen vor Ort. Pflegekassen können sich an selbst organisierten Netzwerken für eine strukturierte Zusammenarbeit in der Versorgung beteiligen und diese mit bis zu 20 000 Euro je Kalenderjahr auf Ebene der Kreise/kreisfreien Städte fördern. Die Regelung tritt zum 1.1.2017 in Kraft. Damit werden auch Ergebnisse des Forschungsprojekts „Zukunftswerkstatt Demenz“ des Bundesministeriums für Gesundheit aufgegriffen.

Diese neue Möglichkeit zur anteiligen Refinanzierung von regionalen Netzwerken wird in dem neuen §45c Absatz 9 SGB XI geregelt:

§ 45c
Förderung der
Weiterentwicklung der
Versorgungsstrukturen und
des Ehrenamts, Verordnungsermächtigung

(9) Zur Verbesserung der Versorgung und Unterstützung von Pflegebedürftigen und deren Angehörigen sowie vergleichbar nahestehenden Pflegepersonen können die in Absatz 1 genannten Mittel auch für die Beteiligung von Pflegekassen an regionalen Netzwerken verwendet werden, die der strukturierten Zusammenarbeit von Akteuren dienen, die an der Versorgung Pflegebedürftiger beteiligt sind und die sich im Rahmen einer freiwilligen Vereinbarung vernetzen. Die Förderung der strukturierten regionalen Zusammenarbeit erfolgt, indem sich die Pflegekassen einzeln oder gemeinsam im Wege einer Anteilsfinanzierung ·an den netzwerkbedingten Kosten beteiligen. ·Je Kreis oder kreisfreier Stadt darf der Förderbetrag dabei 20 000 Euro je Kalenderjahr nicht überschreiten. Den Kreisen und kreisfreien Städten, Selbsthilfegruppen, -organisationen und -kontaktstellen im Sinne des § 45d sowie organisierten Gruppen ehrenamtlich tätiger sowie sonstiger zum bürgerschaftlichen Engagement bereiter Personen im Sinne des Absatzes 4 ist in ihrem jeweiligen Einzugsgebiet die Teilnahme an der geförderten strukturierten regionalen Zusammenarbeit zu ermöglichen. Für private Versicherungsunternehmen, die die private Pflege-Pflichtversicherung durchführen, gelten die Sätze 1 bis 4 entsprechend. Absatz 7 Satz 1 bis 4 und Absatz 8 finden entsprechende Anwendung. Die Absätze 2 und 6 finden keine Anwendung.

Mit der Änderung wird ein weiterer Förderzweck eingeführt, für den die Mittel des Ausgleichsfonds in Höhe von jährlich 25 Millionen Euro nach § 45c Absatz 1 verwendet werden können. Die Pflegekassen und die privaten Versicherungsunternehmen, die die private Pflege-Pflichtversicherung durchführen, erhalten hiermit die Möglichkeit, sich einzeln oder gemeinsam mit anderen Pflegekassen oder entsprechenden privaten Versicherungsunternehmen mit einem Zuschuss an den Kosten selbstorganisierter regionaler Netzwerke zur Verbesserung der Versorgung und zur Unterstützung Pflegebedürftiger und ihrer Angehörigen und vergleichbar nahestehenden Pflegepersonen zu beteiligen. Mögliche weitere Beteiligte an entsprechenden regionalen Netzwerken für die Versorgung Pflegebedürftiger sind unter anderem niedergelassene Ärzte, Heilmittelerbringer, Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Wohlfahrtsverbände, Selbsthilfegruppen, Kommunen sowie Krankenkassen. Mit der Regelung werden zugleich die Ergebnisse der wissenschaftlichen Evaluation regionaler Netzwerke im Rahmen des Projekts „Zukunftswerkstatt Demenz“ des Bundesministeriums für Gesundheit umgesetzt. Diese Evaluation zeigt, dass durch eine regionale, selbst organisierte und strukturierte Vernetzung zwischen Trägern der Versorgung in einer Region und Selbsthilfegruppen die Versorgung an Demenz erkrankter Pflegebedürftiger signifikant verbessert werden kann. Diese Ergebnisse sind auf die Versorgung Pflegebedürftiger insgesamt übertragbar. Auch für Pflegebedürftige ohne demenzielle Erkrankungen, die einen besonders hohen Versorgungsbedarf haben, kann der Versorgungsbedarf durch eine strukturierte Zusammenarbeit in der Versorgung besser gedeckt werden. Gefördert werden können hierbei regionale Netzwerke, die auf einem freiwilligen Zusammenschluss der beteiligten Akteure basieren. Nicht bezuschusst wird hingegen die Wahrnehmung allgemeiner kommunaler Aufgaben und sonstiger allgemeiner Verwaltungsaufgaben. Gefördert werden können zudem nur solche Netzwerke, bei denen in Bezug auf das jeweilige Einzugsgebiet auch eine Teilnahme der regionalen Selbsthilfegruppen, -organisationen oder -kontaktstellen sowie der regionalen Gruppen ehrenamtlich Tätiger, die eine für eine Teilnahme an der Vernetzung hinreichend feste Organisationsstruktur aufweisen, ermöglicht wird. Ebenso ist erforderlich, dass auch der Kreis oder die kreisfreie Stadt der freiwilligen Vereinbarung zur Vernetzung der regionalen, an der Versorgung Pflegebedürftiger beteiligten Akteure beitreten kann.

In den vorgenannten Projekten im Rahmen der „Zukunftswerkstatt Demenz“ erreichten die jährlichen netzwerkspezifischen Kosten der an den regionalen Projekten Beteiligten zwischen 65 000 und 80 000 Euro pro Jahr insgesamt. An solchen netzwerkbedingten Kosten können sich nach der vorliegenden Regelung die Pflegekassen und privaten Versicherungsunternehmen mit einem Betrag von bis zu 20 000 Euro je Kreis oder kreisfreier Stadt beteiligen. Eine anteilige Finanzierung des jeweiligen Landes oder der jeweiligen Gebietskörperschaft ist keine Voraussetzung für eine Beteiligung von Pflegekassen oder privaten Versicherungsunternehmen, da es nicht sachgerecht wäre, die Beteiligung von Pflegekassen und privaten Versicherungsunternehmen, die die private Pflege-Pflichtversicherung durchführen, an selbstorganisierten regionalen Netzen von einer finanziellen Beteiligung des Landes oder der kommunalen Gebietskörperschaft abhängig zu machen.

Um eine bundesweit einheitliche Handhabung der Regelung zu fördern und sinnvolle Hinweise für eine einheitliche Durchführung der Verfahren zur Vergabe der Fördermittel zu geben, wird der Regelungsgegenstand ebenfalls in die Empfehlungen des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen miteinbezogen, die dieser gemäß Absatz 7 Satz 1 bis 4 gemeinsam mit dem Verband der privaten Krankenversicherung e. V. unter Zustimmung des Bundesministeriums für Gesundheit (ggf. im Benehmen mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend) und der Länder beschließt. Es soll zugleich eine möglichst flexible Handhabung der Förderung der selbstorganisierten regionalen Netzwerke durch die Pflegekassen und privaten Versicherungsunternehmen ermöglicht werden.

In diesem Zusammenhang kann zudem der als Ergebnis des Förderprogramms des Bundesgesundheitsministeriums im Rahmen des Projekts „Zukunftswerkstatt Demenz“ entwickelte Werkzeugkasten mit evaluierten Bausteinen für die Organisation erfolgreicher Demenznetzwerke genutzt werden, der im Internet durch die evaluierenden Projektpartner unter Federführung des DZNE veröffentlicht worden ist. Auch dieser kann eine wertvolle Hilfe zur Selbsthilfe für alle an der örtlichen Versorgung Beteiligten sein, die in ihrer Region Netzwerke zur Lösung spezifischer regionaler Versorgungsfragen für an Demenz erkrankte Personen aufbauen wollen.